die Bombe ...


die Bombe ...

Wolfgang Kraushaar
Die Bombe im jüdischen Gemeindehaus

Schreckliches Buch. Hier jetzt keine fundierte Kritik, nur ein paar Punkte die uns gestört haben:

Keine Ahnung was Kraushaar dazu veranlasst hat. Zuerst zeigt er wie unglaubwürdig einige Quellen sind (Extradienst, Stasi), dann bemüht er diese ganz eifrig wenn sie ihm in den Kram passen.

Zudem gibt es wahnsinnig viele Unterstellungen, denen wir so nicht folgen können: Von einer antisemitischen Tat auf den Antisemitismus aller Linken zu der Zeit zu schließen halten wir für sehr gewagt. Waren die im Buch erwähnten jüdischen Israelkritiker auch Antisemiten? Und zum Judenstaat Israel: Gab es vor der Gründung Israels keine Ureinwohner? Was ist mit den arabischen Menschen in Israel?

Ganz klar eine kritikwürdige, unreflektierte Scheißtat, aber weder die Tupamaros, noch die Linke waren eine homogene Gruppe die man alle in Sippenhaft nehmen kann für Aktionen einzelner. Das Problem haben ettliche Stadtguerilla-Gruppen schon gehabt die in Zellen organisiert sind. Wenn eine Zelle dann noch einen Agent Provocateur ihr Eigen nennt, ...

Die Rolle des Verfassungschutzes und Bombenlieferanten Peter Urbach sowie Horst Mahler wird zwar angerissen, aber lieber bei Kunzelmann das Problem gesucht, als beim Staatsschutz. Das nie jemand deswegen zur Verantwortung gezogen wurde, vom Staat, spricht doch Bände. Man wollte doch gar nicht das genau ermittelt wird wo die Bombe denn wirklich herkam, das wäre peinlich geworden.

Dann der Täter der da aus dem Hut gezaubert wird. A. Fichter. Späte Reue tut gut. Aber warum muss man die Geschichte so ausschmücken, daß sie wieder in sich zusammenfällt? Das erwähnte Zahngold, das beweisen soll das die Täter wie die Nazis waren, das es nie gab weil genannte Person gar kein Zahnarzt war? Oder seltsame Aussagen des Bruders, das man sich erst gemeinsam einigen musste, daß die Details vor Jahrzehnten noch nicht bekannt waren. Irgendwie ist das doch alles unrund.

Aber wir würdigen einen anderen Aspekt: Kraushaar sitzt auf einem Schatz an Informationen, schade das er sie nicht neutral sondern so wertend der Öffentlichkeit übergibt. Wenn die Analyse wenigstens rund wäre und nicht mühsam konstruiert wirken würde.

Ein Absatz der uns Spass gemacht hat:

Seite 167

Gegen 3:15 Uhr begeben sich mehrere Beamte der Politischen Polizei zu dieser Wohnung. Als sie eintreffen, stellen sie fest, daß dort noch Licht brennt. Auf Klingeln wird ihnen jedoch nicht geöffnet. Sie probieren daraufhin, mit einem Schlüssel, den sie kurz zuvor bei Kunzelmann gefunden haben, die Wohnungstür zu öffnen. Es überrascht sie nicht, daß der Schlüssel paßt. In beinahe allen Räumen sind die Lampen eingeschaltet. Es werden jedoch keine Personen angetroffen.
Bei der Durchsuchung der Wohnung werden zahlreiche persönliche Gegenstände Kunzelmanns sichergestellt, darunter zahllose Hygieneartikel, aber auch Aufzeichnungen mit dem Emblem der Tupamaros West-Berlin. An den Wänden hängen Plakate, wie sie bei verschiedenen Anschlägen in West-Berlin hinterlassen wurden. Die Titel lauten: "Mordversuch in Berlin", "Befreit Bommi", "Freiheit für alle politischen Gefangenen". Außerdem sollen sich in einem großen Käfig, wie Kriminaloberkommisar Kotsch zu seinem Erstaunen feststellt, zwei "affenähnliche Tiere" befunden haben. Es handelt sich - wie sich später herausstellt - um zwei Galapagos-Halbaffen, für deren Unterbringung und Versorgung ein Tierheim benachrichtigt wird.
Während die Durchsuchung noch im Gang ist, sind Geräusche zu hören, die darauf schließen lassen, daß sich jemand an der Tür zu schaffen macht. Offenbar mit einem zweiten Schlüssel ausgestattet, stehen plötzlich zwei andere Mitglieder der Tupamaros West-Berlin vor den Zivilbeamten. Es sind Thomas Weisbecker und eine Gefährtin. Beide werden unter dem Vorwurf der Begünstigung festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Nach genau vier Stunden wird die Durchsuchungsaktion um 7.15 Uhr erst einmal für beendet erklärt.

Was um Gottes Willen hatte die Stadtguerilla denn mit einem Affen vor?

Hamburger Edition - 2005 - ISBN: 3-936096-53-8

siehe auch: unser Archiv

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